Veranstaltung

18.09. - 19.09.2014 | Berlin | Deutsches Institut für Urbanistik
Warten auf die Große Lösung. Hilfen und Unterstützung aus einer Hand - Anforderungen an die Umsetzung in der Praxis

Mit der Umsetzung der großen Lösung in der Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe werden zwei Systeme mit unterschiedlichen Logiken zusammengeführt. Das Ergebnis ist aber nicht nur eine additive Erweiterung des Aufgaben- bzw. Leistungskatalogs. Vielmehr muss es an der Schnittstelle der Hilfe zur Erziehung/Eingliederungshilfe zu einem erweiterten Blick auf den jungen Menschen in seiner Lebenslage kommen. So muss eine Orientierung an den Biografien der Kinder und Jugendlichen und damit am jeweiligen Familienmodell im Vordergrund stehen, sowohl bei der rechtlichen Ausgestaltung als auch bei der praktischen Umsetzung. D.h., nicht nur ein bestimmtes personenbezogenes Störungsbild, sondern das gesamte "Familiensetting", wie dies bei der Hilfe zur Erziehung bereits der Fall ist, muss in den (Hilfe)Blick genommen werden. Gleichzeitig muss der Leistungskatalog in der Kinder- und Jugendhilfe der komplexen Bedarfssituation Rechnung tragen und insoweit weiter entwickelt bzw. nachjustiert werden.

Bisher prägen allerdings ganz unterschiedliche (traditionelle) Sichtweisen den Blick und es existiert noch oft ein Abgrenzungsdenken zwischen den Systemen – ja bisweilen die Sorge, junge Menschen mit Behinderung seien im System der Kinder- und Jugendhilfe nicht gut aufgehoben. Der Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen muss deshalb die Bedarfssituation der jungen Menschen sein, nicht der (Tunnel)Blick der einzelnen Systeme und ihrer Fachdisziplinen. Neben den fachpolitischen Fragen sind deshalb im Hinblick auf eine neue Architektur der Kinder- und Jugendhilfe auch die unterschiedlichen Strukturprinzipien, etwa bei der Ausgestaltung der Kostenbeteiligung, in den Blick zu nehmen. Schließlich muss sichergestellt sein, dass es nicht nur auf der gesetzlichen Ebene zu einem Aufgabentransfer aus der Sozial- in die Kinder- und Jugendhilfe kommt, sondern auch die Rahmenbedingungen für die Umsetzung in der Praxis geschaffen werden. Deshalb bedarf es nicht nur eines politischen Willens auf der Bundesebene zur Neujustierung der rechtlichen Grundlagen, sondern auch der Bereitschaft der Länder und der kommunalen Gebietskörperschaften sicherzustellen, dass mit dem Aufgabentransfer von der Sozialhilfe zur Kinder- und Jugendhilfe auch der Transfer von fachlichem Know-how und von finanziellen Mitteln zu Gunsten der Kinder- und Jugendhilfe auf der örtlichen Ebene gewährleistet ist. Hier sind noch einige Fragen zu klären bzw. Strategien zu entwickeln.

Auch wenn es hier noch Klärungsbedarf gibt, wie "Hilfen und Unterstützung aus einer Hand" gestaltet werden sollten, so bleibt doch aus fachpolitischer Sicht die Große Lösung die einzig überzeugende Alternative – und dies auch vor dem Hintergrund der weiterführenden Debatte zur Inklusion. Politische Entscheidungen, die über Absichtserklärungen hinausgehen, sind daher umso wichtiger. Auch wenn es solche Entscheidungen bisher (noch) nicht gibt, ist die Debatte längst in der Praxis angekommen und wirkt sich auf den Alltag von beeinträchtigten Kindern, Jugendlichen und ihren Familien aus.

Wir wollen deshalb mit Ihnen u.a. über folgende Fragen zur Umsetzung der großen Lösung diskutieren:

  • Wie sieht die Sicht Betroffener aus? Welche Bedarfe sind zu decken?
  • Wenn der Anspruch auf ein inklusives Leben für beeinträchtigte Kinder und Jugendliche zukünftig über das Jugendamt führt:  wie muss die Jugendhilfe ihre Prozesse dann neu definieren?
  • Welche kommunalen und freien Träger haben sich bereits auf den Weg gemacht und welche behördlichen und strukturellen Hindernisse sind dabei zu überwinden?
  • Welche Fachkräfte mit welchen Qualifikationen müssen an der Entscheidung über den Hilfebedarf beteiligt sein?
  • Was erwarten bzw. wünschen Sie sich als Fachkräfte vom Gesetzgeber?

Wir laden Sie herzlich zu einem Erfahrungsaustausch über die Große Lösung nach Berlin ein.
Seien Sie dabei und diskutieren Sie mit!